Anne Klein, Cerveza Viva, Gran Canaria

Endlich Urlaub! Sonne, Palmen und Strand auf Gran Canaria. Und kein Craft-Bier weit und breit! Oder doch? Um mein liebgewonnenes Hobby nicht zwei Wochen lang sträflich zu vernachlässigen bzw. meine Zeit nicht mit der „Verkostung“ einheimischer Industriebiere zu vergeuden, habe ich mich auf die Suche nach gutem Bier im spanischen Urlaubsparadies gemacht. Fündig geworden bin ich bei „Cerveza Viva“ in Arinaga, Gran Canaria. Die Brauerei existiert in der Form seit 1999, zuerst im Keller eines Einkaufszentrums im Süden der Insel, fünf Jahre später dann am heutigen Standort in Arinaga. Die Brauerei wird von Anne und Martin Klein betrieben, einem Ehepaar aus Deutschland. Da Martin Klein mit drei Suden pro Tag und dem ganzen Drumherum sehr beschäftigt ist, war seine Frau Anne so nett, uns bei einer Verkostung, der eine sehr schöne Führung durch die kleine Brauerei voran ging, Rede und Antwort zu stehen.

Wie sind Sie eigentlich dazu gekommen, Brauer zu werden? Sind Sie auch Braumeisterin?

Mein Mann ist der Braumeister und wir wollten uns gerne selbständig machen. Ich selber hatte vorher nichts mit Bier zu tun, ich habe Medizin studiert. In das Thema Bier bin ich dann so reingewachsen, weil es mir gut gefallen hat. Es ist schon ein Unterschied, ob man selbständig ist oder nicht. Es ist harte Arbeit, aber man hat seine eigenen Freiheiten und natürlich auch seine eigenen Verpflichtungen, das muss man schon mögen. Es ist sicherlich nicht für jedermann etwas, aber…wir wissen die Freiheit zu schätzen und nehmen das andere dafür in Kauf.

Wie ist es, in einem Land, das nicht in erster Linie für seine Bierkultur bekannt ist, eine Brauerei zu betreiben?

Man muss sehr viel Aufbauarbeit leisten, wobei es im Prinzip in erster Linie an den Personen hängt. Wie ich vorhin schon erwähnt habe, haben wir aktuell einen sehr guten Verkäufer, der uns auch in Las Palmas stärker den Weg bereitet und der, da er vorher auch für andere Brauereien gearbeitet hat, sehr viele Kontakte hat. In Las Palmas fängt es jetzt gerade so an, dass in einer bestimmten Schicht die Leute einfach offener sind, da sie auch schon viel im Ausland waren, viel probiert haben, experimentierfreudiger sind und auch neue Sorten testen wollen und dabei auch nicht auf den allerletzten Cent schauen. Wer bei Lidl die Dose für 0,19 Cent kauft, ist nicht unser Kunde, das muss man definitiv sagen. Wir sind halt klein. Wenn ich Millionen Hektoliter verkaufen will, dann muss ich halt auch ein 19-Cent-Produkt machen, wir können uns aufgrund unserer geringen Größe dafür eine größere Bandbreite leisten. Ein Glas Bier für fünf Dollar, wie ich es mal in einem Fersehbeitrag aus Amerika gesehen habe, bräuchten wir andererseits natürlich hier auch nicht bringen. Dafür fehlt uns die Kundschaft.

Wie ist es zu der Idee und der Umsetzung gekommen, vom Bierland Bayern nach Gran Canaria zu gehen?

Also dass es Gran Canaria geworden ist, liegt in erster Linie daran, dass diese Brauerei, die wir gekauft haben, einem Deutschen aus dem Nachbardorf gehört hat. Über einen damaligen Arbeitskollegen meines Mannes sind wir zu dem Kontakt gekommen. Wir haben nicht explizit nach Gran Canaria gesucht. Der Kollege meinte, wir sollten einfach mal dort hinfahren und es uns anschauen, und so wurde es dann diese Insel. Wir haben ja drei Kinder, deshalb wollten wir auch nicht irgendwo mitten in die Wildnis und Gran Canaria ist halt ein guter Kompromiss. Man ist nicht aus der Welt. Australien hätte uns beispielsweise auch gut gefallen, aber das ist dann doch zu weit weg. Wer schon mal nach Australien geflogen ist, der weiß, wenn man da ankommt, fühlt man sich wie einmal durch den Fleischwolf gedreht, und das macht man jetzt nicht für einen kleinen Wochenendtrip. Der Vorteil bei dieser Brauerei war, dass im Prinzip bereits alle Genehmigungen vorhanden waren und dass man nicht ganz bei null angefangen hat. Diese Genehmigungen alle selbst einzuholen, hätte hier in Spanien locker zwei bis drei Jahre beansprucht. Die Brauerei war zwar schon länger geschlossen, so dass wir keinen Kundenstamm übernehmen konnten, aber wir konnten im Prinzip am nächsten Tag anfangen, zu brauen.

Und was haben Sie vorher gemacht?

Mein Mann ist wie gesagt Braumeister, er war vorher jahrelang bei der Firma Steinecker (heute Krones AG) und ich habe studiert und danach unsere drei Kinder bekommen. Danach sind wir hierher.

Wie hoch ist der Ausstoß von Viva in hl?

Ca. 5000 hl.

Welche Sorten brauen Sie denn hier so?

Ja, wir haben erstmal unser Lagerbier, welches auch unsere Hauptsorte ist, dann ein dunkles, untergäriges Bier, ein „Stout“, welches aber ebenfalls untergärig und somit eigentlich ein Schwarzbier ist, ein Pils, ein Weizenbier sowie ein alkoholfreies Bier.

Werden alle Ihre Biere nach dem Reinheitsgebot gebraut?

Ja, wir brauen alle unsere Biere nach dem Reinheitsgebot.

Wird es zukünftig weitere Sorten geben oder vielleicht saisonale Sorten?

Ich würde ja gerne noch mal ein bisschen stärker experimentieren, mein Mann ist nicht so begeistert davon. Es gibt ja jetzt diese neuen Hopfensorten, die z.B. so ein bisschen Zitronen und Orangenaroma haben. Ich werde jetzt demnächst mal nach Bayern fahren, da werde ich diese Biere dann probieren. Ich wäre dem ganzen sehr offen gegenüber und bestimmt würde es auch hier auf die Insel gut passen.

Wo wird das Bier vertrieben? Auch auf den anderen Inseln oder auf dem Festland?

Wir selbst verkaufen es nur hier auf Gran Canaria, aber wir haben Distributoren, die es bei uns ab Fabrik einkaufen und dann nach Lanzarote und Teneriffa bringen. Auf dem Festland gibt es Viva nicht zu kaufen.

Wo sehen Sie Viva in fünf Jahren?

Wir wollen auf jeden Fall unseren Ausstoß an Flaschenbier erhöhen. Dazu möchten wir schnellstmöglich eine Etikettiermaschine kaufen, um in dem Bereich weiterzukommen und mein Traum ist es, in den nächsten fünf Jahren zu einer Spezialitätenbrauerei zu werden. Weg vom Lagerbier als Hauptsorte, hin zu Spezialbieren. Immer größer, immer weiter ist nicht unser Ziel.

Verfolgen Sie eigentlich die Entwicklungen in Deutschland, speziell die recht neue Craftbier-Szene?

Ja. Wir verfolgen aber noch stärker die Szene in Amerika, denn die ist noch viel lebhafter. Die Amerikaner machen ja zum Teil vogelwilde Sachen die so hier gar nicht funktionieren würden und in Deutschland in der Form auch nicht.

Was finden Sie daran besonders spannend?

Spannend finde ich wie gesagt die neuen Hopfensorten und deren Aromen.

Da bin ich ja schon sehr gespannt auf meinen nächsten Besuch. Frau Klein, vielen Dank für dieses Gespräch!

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Die Biere

Viva Lager

Ein sommerfrisches Helles mit ca. 4,5 % Alkohol mit einem unaufgeregten, gefälligen Geschmack. Blond, klar, mit einer schönen Schaumkrone und durch die Zugabe von Perle Aromahopfen recht aromatisch im Geruch und im Abgang. Untergärig.

Helles
Helles

Viva Morena

Kupferfarbenes Bier mit einer malzaromatischen Note. Sehr süffig, mit Charakter. Gut eingebundene Kohlensäure. Untergärig.

Dunkles
Dunkles

Viva Stout

Eigentlich ein untergäriges bayrisches Schwarzbier. Sehr schöne Röstmalzaromen, Kaffee- und Bitterschokoladennoten.

Schwarzbier
Schwarzbier

Viva Trigo (Weizenbier)

Ein typisch bayrisches Weißbier mit fruchtigen Aromen in Richtung Banane, etwas Gewürznelke. Obergärig. Schwach gehopft, sehr süffig. Wie im Biergarten.

Viva Premium Pils

Stark gehopftes, norddeutsch anmutendes Pils. Bitter im Abgang. Schöner Geruch durch Zugabe von Perle Aromahopfen.

Viva Libre

Alkoholfreies Helles, das mit sehr wenig Stammwürze gebraut wird. Die Gärung wird relativ schnell angehalten, so dass ca. 0,5% Vol. entstanden sind, was in Spanien als alkoholfrei gilt. Der Restsüße wird mit einer extra Hopfengabe entgegengewirkt.